Hochsensibilität:
Die erhöhte Reizaufnahme des Gehirns
Wenn das Gehirn mehr Reize ungefiltert aufnimmt, deren Verarbeitung gründlicher stattfindet und mehr Zeit in Anspruch nimmt, dann spricht man vom Wesensmerkmal der Hochsensibilität. Sie ist angeboren und eine wundervolle Gabe, wenn man sie positiv in sein Leben und Erleben integrieren kann.
Der Ursprung des Konstrukts
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Die amerikanische Psychologin Prof. Dr. Elaine Aron gilt – selbst hochsensibel – mit ihrem aus ihren Forschungen hervorgegangenen Buch „The highly sensitive person - How to Thrive When the World Overwhelms You“ (1996, dt. „Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen“, in Deutschland 1997 veröffentlicht) als Pionierin im Aufdecken der damit zusammenhängenden, umfassenden Persönlichkeitsmerkmale. Sie benennt dabei vier Kategorien („Indikatoren“) zur Feststellung des Wesenszugs „Hochsensibilität“:
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gründliche Informationsverarbeitung
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Übererregbarkeit
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emotionale Intensität
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sensorische Empfindlichkeit
Daraus ergeben sich sämtliche Verhaltensweisen hochsensibler/hochsensitiver Menschen (diese beiden Begriffe verwende ich synonym). Aron stellte außerdem fest, dass dieses angeborene Wesensmerkmal auf ungefähr 15-20 Prozent der Bevölkerung zutrifft.
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Durch Hintergrundwissen zu persönlichem Wachstum
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In unserem gesellschaftlichen Zusammenleben wird eine erhöhte Empfindsamkeit und eine damit verbundene tiefgehendere Wahrnehmung nicht unbedingt als Vorzug eingeordnet. Es liegt somit nahe, dass hochsensible Menschen in ihrem Leben allzu oft mit Versuchen des Umfelds in Elternhaus oder Schule konfrontiert wurden, diesen Wesenszug als vermeintliche und doch offensichtliche „Schwäche“ abzulegen.
Mit einem wachsenden Hintergrundwissen ergibt sich allerdings die Erkenntnis, dass das Gegenteil der Fall ist:
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Hochsensible Menschen entwickeln ihr volles Potenzial, wenn sie sich
ihrer vielfältigen Gaben und Talente bewusst werden, sie als etwas
Einzigartiges betrachten und annehmen können.
Geraten diese außerdem in eine konstruktive Übereinstimmung
mit dem ureigenen Selbstgefühl und einem wachsenden Selbstvertrauen,
kann die häufig brach liegende Selbstwirksamkeit in eine äußerst
produktive Performanz umgewandelt werden.
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Hochsensibilität ist übrigens mit dem Wesensmerkmal der Hochbegabung eng verknüpft.
Quelle:
Aron, Elaine (2005): "Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen". München: mvg.
WAS BEDEUTET ES, "HOCHSENSIBEL" ODER "HOCHSENSITIV" ZU SEIN?*
Hochsensibilität beinhaltet wesentlich mehr, als es allein die Bezeichnung dieser Wesensart vermuten lässt. Oftmals haben Hochsensible in ihrem Leben vor allem folgende Rückmeldungen ihres Umfelds erhalten: „Du bist aber sensibel!“, „Lege dir doch mal ein dickeres Fell zu!“ oder „Du bist aber schwierig!“ sind dabei typisch. Der Fokus der anderen wurde viel zu oft auf die negative Bedeutung des Wortes „sensibel“ gelegt – und auch ausschließlich darauf.
Der abwertende Stempel „Du bist immer so empfindlich!“ und die daraus resultierende eigene Einschätzung „Mit mir stimmt etwas nicht!“ prägt sich in der individuellen Selbstwahrnehmung sehr nachhaltig ein. Oftmals dauert es viele Jahre, diese festsitzenden Etiketten zu lösen und sich durch das Verarbeiten und Kontextualisieren des Durchlebten gänzlich davon freizumachen.
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Dabei hilft die Kenntnis über die typischen Merkmale hochsensibler Menschen, aber vor allem auch deren Einordnung in all unsere vielschichtigen Lebensumstände. Es kommt auf eine eigene konstruktive Sichtweise an: aus „Ich bin zu sensibel und einfach zu empfindlich“ wird „Ich bin sehr empfindsam und nehme viele Details war, die anderen entgehen“ oder aus „Ich bin schüchtern“ wird „Ich beobachte die Situation, um bewusst abzuschätzen, wie ich mich darin verhalten möchte“.
* Die beiden Begriffe "Hochsensibilität" und "Hochsensitivität" beinhalten eine synonyme Bedeutung - "Hochsensitivität" impliziert den wissenschaftlichen Aspekt des Themas.